Wandel oder Change –wie es heute heißt- findet unentwegt und ununterbrochen statt. Es existiert kein Leben, dass nicht einem stetigen Veränderungsprozess untergeordnet ist, denn es ist unser eigener, instinktiver, innerer Trieb, nach Erkenntnis, Entwicklung und Verbesserung. Dieses Grundprinzip ist immanent. Deshalb ist Change ein ganz normaler Zustand unserer lebendigen Welt.

Dieser Beitrag ist im Zuge der Blogparade von Intrinsify me. entstanden:  „Wie stehst Du zu Change Management? Wie schlagen wir Brücken von Alt zu Neu?“

Schon der griechische Philosoph Heraklit (ca. 520 v.Chr.) sagte: „Nichts ist stetiger als der Wandel“.

Es liegt in der Natur von Welt nach Entfaltung zu eifern und gleichzeitig liegt es in ihrer Natur, dies zu ermöglichen. Ein einfaches Prinzip der Evolution. Das Wesen von Evolution und damit ebenso von Change ist ein beharrlicher, andauernder Fluss, in dem alles miteinander verbunden ist. Wie in einem Strom, in dem es keine natürlichen Lücken geben kann.

Dies sollten wir bewusst zur Kenntnis nehmen, wenn wir uns mit Change Management, Change-Projekten, Veränderungsprozessen und Wandlung beschäftigen oder auch nur über Change diskutieren.

Die evolutionäre Kraft von Unternehmen ist die Synergie unterschiedlichster Entfaltungswege.

Unternehmen sind lebendige Organismen mit lebendigen Menschen. Hier treffen individuelle Grundcharaktere mit unterschiedlichsten persönlichen Entfaltungswegen aufeinander. Jeder der Beteiligten erlebt eine andere Wirklichkeit, weil die Lebenswege, Lebenserfahrungen, Schicksale, Ängste, Sorgen, geistige Schulung und ein inneres Bewusstsein unterschiedlich geprägt sind.
Eine Gruppe dieser Menschen formt das Leben, das Wesen und den Entwicklungsweg eines Unternehmens. Die verschiedenen Ichs gestalten ein Wir, ohne dass das Ich verloren geht.
In aller Lebendigkeit des Unternehmens geht hier wie ein roter Faden eins aus dem anderen hervor. Eine Quelle, die sprudelnd mit ihrer Kraft in die Umgebung, in die Gesellschaft, hineinwirkt.

Die evolutionäre Entwicklungskraft eines Unternehmens ist immer mehrdimensional.

Sie besteht aus:

  • der individuellen Entfaltungskraft eines jeden Einzelnen (Ich)
  • der gemeinsamen Entfaltungskraft der Gruppe (Wir)
  • aus der umgebenden Entfaltungskraft der Gesellschaft (Alle)
  • aus der höheren, integralen Entfaltungskraft von Welt (Alles)

Dies verdeutlicht annähernd die bestehende Verbundenheit in ihrer Komplexität. Denn alles ist immer zur gleichen Zeit vorhanden. Wenn wir darüber hinaus beachten, dass die Bestandteile von Lebendigkeit -von Wesenhaftigkeit- immer die von Körper, Geist und Seele sind, gelangen wir in eine integrale Betrachtung von Verbundenheit. Doch dazu später mehr.

Was geschieht, wenn wir nun beginnen Change zu managen?

Change Management greift in den natürlichen Veränderungsprozess eines Unternehmens ein, beschleunigt ihn oder lenkt ihn um. Es geht davon aus, dass Veränderungsprozesse einen Anfang und ein Ende haben. Dies widerspricht jedoch dem Prinzip des verbundenen Flusses bzw. des roten Fadens.

Zudem werden die größeren Zusammenhänge und die Verbundenheit aller Aspekte von Mensch im Unternehmen – von Unternehmen in der Gesellschaft – von Gesellschaft in der Welt nicht berücksichtigt. Prozessanwendungen gestalten sich völlig losgelöst voneinander. Denkdisziplinen nehmen sich Einzelaspekte heraus und rupfen sie auseinander. Es entstehen Modelle, Systeme und Techniken aus dem begrenzten Denken heraus. Begrenzt deshalb, weil Denken nur aufgrund von Erfahrungen und Beobachtungen der Systeme besteht, die es zu retten versucht.

Schon Einstein sagte, dass man Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen kann, durch die sie entstanden sind.

Es kann also keine wirkliche Veränderung im Sinne einer Transformation stattfinden. Es findet lediglich eine Bewusstwerdung und Handhabung auf der gleichen Ebene statt, die bestenfalls einer Verschiebung gleicht. Diese Vorgehensweise wird keine dauerhafte neue Unternehmenskultur erzeugen können. Denn auch wenn Unternehmen beispielsweise von einer steilen Unternehmenshierarchie in eine flache Hierarchie wechseln, ist dieser Change -vorausgesetzt alle machen mit- am Anfang und während des Prozesses aufregend, cool, euphorisch, motivierend. Doch wenn sich das neue System gesetzt und eingelebt hat, kommen in der Regel kleine und große persönliche, individuelle und auch gemeinschaftliche oder unternehmerische Probleme, die während der Verwandlung überdeckt wurden, wieder zurück ans Tageslicht. Bei aller Veränderung fehlt hier doch eine sogenannte vertikale Transformation, nämlich, die der inneren, gesamtheitlichen, integralen Wesenhaftigkeit.

Der Mensch auf seiner Mission in die Selbstvergessenheit.

Eine solche Praxis führen wir in unserer jungen Menschheitsgeschichte auf eine Weise durch, in der wir zwar fähig sind, enorme und sensationelle technische und intellektuelle Entwicklungen bis zur Perfektion hervorzubringen, jedoch gleichzeitig den Faktor Mensch außen vor lassen. Zwar spielt der Mensch immer eine Rolle in diesem Spiel, allerdings als Ware oder Akteur, der „gehandelt“ werden muss. Mit unseren Rezepten haben Burnout und Depression eine Karriere bis zur Volkskrankheit geschafft.

Was fehlt ist die integrale Betrachtung der Entfaltungskraft des einzelnen individuellen Menschen.

Das ist verrückt, ist er es doch selbst, der diese ganzen Entwicklungen produziert. In seiner von ihm für ihn gemachten Welt ringt er nun nach Luft, um zu überleben. Atemlos sucht er seine Rolle, versinkt in seinem Müll, in seinen Krankheiten, in seiner Zerstörungswut.

Und wieder ist er es selbst, der die Rollen maximal mangelhaft verteilt, denn in seinen Denkbarrieren kategorisiert er nun auch sich selbst, teilt Verhaltensmuster zu, ordnet in Charakterzügen oder Farbschemata ein und stellt Bedürfnispyramiden auf. Alles in allem erfindet er Systeme und Kodexe, die ihm vorschreiben, wie er sich wann zu verhalten hat. Beispielsweise in seiner Kommunikation, in Konfliktsituationen, in Feedback-Kultur und so weiter. Und der fleißige Mensch, sei es als Mitarbeiter, als Führungskraft oder als Unternehmer, lernt brav die neuen Kodexe zu behalten und korrekt anzuwenden.

Dies widerspricht der natürlichen Gesetzmäßigkeit von Entfaltung und der Natur von Mensch. So funktioniert der Mensch nicht. Werte und Normen werden aufgeschrieben und von außen diktiert, anstatt von innen gelebt. Entfaltung aber geschieht immer nur von innen heraus, bei jedem Einzelnen individuell. Gelebt werden können Werte deshalb erst dann, wenn jeder einzelne Mensch diese in seinem Inneren erfährt und für sinnvoll und wahr empfindet.

Es gibt zwar bereits Bemühungen diese Innerlichkeit zu berücksichtigen, doch – und hier liegt ein nächster Widerspruch – in der Sicht auf den Menschen als Körper und Geist. Der Aspekt der Seele bleibt weitestgehend unberücksichtigt oder irrtümlich in seiner Anwendung. Seele wird als Begriff oft genannt, jedoch interpretiert als Emotionalität und Empathie.

Dabei existiert Seele als eine hyperkausale Ebene, jenseits jeglicher Rationalität und Emotionalität. Seelenwissen ist eine Form intuitiver Geist, frei von Polarität, frei von Zeit und Raum. Der einzige Zugang, um dieses Seelenwissen zu erfahren, ist unser Herz. Das Herz in der Ausdehnung seiner innewohnenden universellen Liebe, die zugleich eine wahrnehmende, als auch eine handelnde Ebene in sich vereint. Über das Zulassen dieser Liebe im Herzen in ihrer ganzen Bedingungslosigkeit erhalten wir Zugang zum integralen Bewusstsein und die Erfahrung der Verbundenheit in den Welten. Wir erleben die Welt im Sein. Wenn wir von diesem weiteren und integralen Bewusstsein aus auf unsere Techniken, Methoden und Tools schauen, erkennen wir die Begrenztheit ihrer Wirkungskraft. Vor allem aber erkennen wir, wie wir sie weiter entwicklen können und was es braucht, um echte tiefgreifende, Sinn erfüllte und zum Wohle von Aller wirkende Veränderungen durchzuführen.

Eine einfache, wenn auch keine leichte Sache, die in jedem einzelnen Menschen integriert ist. Das Werkzeug, sich diese integrale Ebene anzueignen, ist die Meditation und zwar in der Form, dass sie dem Tiefenbewusstsein und der Potentialentfaltung dient.

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
(Antoine de Saint-Exupéry)

In der heutigen Zeit liegt längst eine tiefe Sehnsucht nach dem Weg des Herzens, nach dem Sinn des Lebens, der Lebensvision oder dem Beitrag für diese Welt – und genau das macht Unternehmungen und Unternehmen aus.

Doch in der Vorstellung von Einheit, von Ganzheitlichkeit bezogen auf Körper, Geist und Seele, ist uns der Weg des Herzens in unserer angeeigneten rationellen Konstituierung zu spirituell, zu esoterisch, zu subjektiv. Und so manövrieren wir Arbeit und Leben beharrlich auf der gleichen Bewusstseinsstufe.

Ein wahrhaftiger Stillstand,

denn zahlreich haben wir bewiesen, dass sich die Krisen unserer Welt mit den bisherigen Mitteln nicht lösen lassen. Deshalb ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass viele Changeprozesse an der gelebten Realität scheitern. Die Tools bleiben Modelle, Managementtechniken, ohne die Kunst des Selbstmanagements als solche zu entwickeln und ohne die Sicht auf den Menschen in seiner Ganzheit mit individueller Entfaltungssehnsucht.

Integrales Bewusstsein bedeutet Ganzheitlichkeit und Einheit von Körper, Geist und Seele.

Die große Chance unserer Zeit mit all ihren Unzulänglichkeiten, Ängsten, Missständen und Krisen, ist der tatsächliche Sprung in ein integrales Bewusstsein. Ein Bewusstsein, dass aus der Perspektive von Körper, Geist und Seele als Einheit in einer erfahrenen Verbundenheit mit Allem handelt.

Integrales Bewusstsein ist nichts Neues. Es ist ein verlorenes Wissen, dass wieder erinnert werden muss. Beschrieben, gefordert und praktiziert (wenn man hier überhaupt von praktizieren sprechen kann, ist es doch eher ein Bewusstseinszustand) wird es bei den Philosophen und Weisen dieser Welt seit Jahrhunderten.

Im Zusammenhang mit New Work ist das integrale Bewusstsein zwar kurz aber gut beschrieben von Frederic Laloux in seinem Buch Reinventing Organizations.

Doch alle Erklärung, alle Erläuterung, jegliche Analyse und jegliche Erkenntnis, reicht nicht aus, um diese Form der Bewusstwerdung zu erfahren. Diese Stufe des Bewusstseins lässt sich nicht mit dem Verstand und auch nicht mit den Emotionen erfassen. Sie fordert einen regelrechten Sprung in eine andere, größere Welt eines jeden Einzelnen. Einen Sprung in das eigene innere Universum hinein.

Keine Angst, der Sprung in ein integrales Bewusstsein ist sanft.

Denn die integrale Bewusstseinsstufe agiert aus der Liebe im Herzen heraus, aus der Liebe der Seele. Sie erfordert ein Training des sich Öffnens im Herzen und der Überwindung von Polarität. Es handelt sich um eine neue Stufe der inneren Orientierung und des inneren Schauens. Ein Weg der Liebe im Herzen in seiner ganzen Kraft der Transformation. Dieser Weg fördert den einzelnen Menschen in seiner individuellen Potentialentfaltung ausschließlich in der Verbundenheit mit dem weltlichen Potential. Er schenkt eine größere Schau auf die Zusammenhänge in diesem Universum und impliziert Authentizität, Wahrhaftigkeit, Toleranz, gewaltfreie Kommunikation, Respekt und alle anderen erdenklichen Werte, die wir gerne als Unternehmensphilosophie aufschreiben.

In der Konsequenz macht integrales Bewusstsein fast jegliche Denkmethodik und jegliche Change-Technik überflüssig, da integrales Bewusstsein im Fluss mit dem natürlichen Veränderungsprozess existiert und aus sich heraus Schöpfung beeinflusst. Das bedeutet störende oder blockierende Felder werden nicht analysiert, sondern transformiert. Das bedeutet jede Methodik, die ausschließlich erdacht wurde, benötigt selbst eine Renaissance, eine Transformation auf eine höhere Ebene des Seins.

Gerade die noch recht junge Bewegung des New Work, kann in ihrer offenen und unterstützenden Art große Schritte zur Realisierung dieses integralen Bewusstseins leisten.

Auf der Suche nach neuen Formen des Arbeitens und nach mehr Menschlichkeit kann eine veränderte innere Haltung installiert werden, die jeden Menschen als ein Individuum anerkennt, als ein Wesen mit Eigenleben, mit unterschiedlichen Charakter, Fähigkeiten, Verhaltensmustern, Sehnsüchten, Bedürfnissen, Widerstandsressourcen, eigener Identität, eigenem Seelenauftrag, eigener Herkunft und Gewohnheiten. Keiner muss sich verbiegen, um Methoden zu lernen, die ihm in seinem Wesen nicht entsprechen.

Menschliches Zusammenwirken lässt sich nur erfolgreich vollziehen, wenn man zum Kern vordringt, und den Prozess von innen heraus lebt. Ein Unternehmen kann immer nur so stark sein, wie jedes einzelne Teil in der Wirkkraft der Gesamtheit.

Zugegeben, diese Form von Change Management braucht Mut. Doch wage es einfach, du wirst überrascht sein. Denn wenn wir aus dem integralen Bewusstsein heraus all unsere erlernten Techniken und Modelle in den Teilen anwenden, wie sie uns nützlich sind, wird die Welt zu einer Welt werden, wie wir sie uns ersehnen: Wertschätzend, tolerant, respektvoll, frei und vor allem friedvoll und glücklich.

Deine Kun Ya Andrea Schmidt

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