Mindestens 10 Stunden täglich im Büro. „Mittagspause“ mit Analysen auf dem Bildschirm vor der Nase. Abends dann weitere 1-2 Stunden am Computer oder Handy die Performance überwachen. Jedes Wochenende mindestens weitere 4h vorm Rechner.
So sah eine ganze Zeit lang mein Berufsalltag als angestellte Führungskraft aus. Ich hatte viel Verantwortung, eine wichtige Aufgabe mit Wirkung auf das ganze Unternehmen und ein Team, was es zu koordinieren galt.
Ich fand es normal, dass ich zu Besuch bei Freunden ihren Computer verlangte, um mich zwischendurch dort abends noch einmal einzuloggen.
Dass ich im Urlaub Stress empfand, als mir ein Freund sein neues Motorrad in einer Garage zeigte und ich in dem Moment nicht kontrollieren konnte, ob unsere Werbekampagnen gut performten. Es war für mich normal, dass ich bei einem Basketballmatch ausgewechselt wurde, mit meinen Team-Kolleginnen und meinem Trainer abklatschte und dann, bevor ich mich auf die Bank zu meinem Team setzte, um das weitere Spiel zu verfolgen, erst einmal mein Handy zückte, um zu schauen, ob im Büro alles in Ordnung war. Schließlich hatte ich ja schon um 17:30 das Büro verlassen. Wir gaben viel Werbebudget aus und die Kampagnen mussten laufen.
Heute kann ich sagen, dass mein Stresslevel in dieser Zeit sehr hoch war. Typische Stresssymptome, wie Rücken- und Nackenschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und Stressgedanken haben meinen Alltag begleitet.
In diesem Artikel gehe ich darauf ein, wie das Thema Digitalisierung unser aktuelles Leben prägt, wie es diskutiert wird, welche Anforderungen es an uns stellt und wie sich mein Bezug zur digitalen Nutzung und zur ständigen Erreichbarkeit im Laufe der Zeit verändert hat.
Wir sind digital – lifetime is screentime
Im Social Media finden sich unzählige mehr oder weniger kritische Aufnahmen und viele Karikaturen von Menschen, die nebeneinander fahren, laufen oder stehen – alle mit ihrem Smartphone bewaffnet, kurz vor ihrer Nase. Klickend, tippend und scrollend.
Vor einiger Zeit ging unter anderem dieses sehr selbstironische Video durch Web: https://www.youtube.com/watch?v=6Mwpmjf6cwE. Es karikiert eine Welt, in der so ziemlich alles Erdenkliche schief läuft, weil die Menschen darin die Augen nicht mehr von ihren Smartphones lassen können.
Eine ziemlich pessimistische Prognose der Herausforderung, die uns alle vermehrt betrifft: Unsere ständige Erreichbarkeit und persönliche Digitalisierung führen zu Überforderung und Stress. Wir werden zu den Opfern unserer eigenen Tools und drohen zunehmend den Bezug zu unserem Leben zu verlieren.
Worklife Balance wird zu Worklife Integration
Auch in der öffentlichen Diskussion wird das Thema „Digitalisierung und neues Arbeiten“ zunehmend kritisch betrachtet. Zwei Pole werden in Medien und auf Branchenevents heftig diskutiert: 1. Wie werden wir digitaler? Wie lässt sich digitaler Wandel umsetzen, unterstützen und gestalten? Und 2. Wie lernen wir persönlich damit umzugehen? Wie verändert sich unser Leben durch Digitalisierung?
Dabei sind Themen wie ständige Erreichbarkeit und time-on-screen im Fokus.
So auch am vergangenen Mittwoch, beim Event des BVDW, wo Markus Albers, Journalist und Buchautor, in seinem Vortrag das Thema Digitalisierung und neue Arbeitswelten kritisch beleuchtete. Er präsentierte viele Zahlen, die das Phänomen Digitalisierung untermauern: Z.B. dass mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer im Urlaub Telefonate führt und E-Mails schreibt. Markus Albers erzählte von Konzernen, die den E-Mail Versand ab 18h per Systemsperre kontrollieren und von Mitarbeitern, die dann auf ihre privaten E-Mail Adressen umsteigen, um auch nach 18h E-Mails versenden zu können.
Und er berichtet von einer Personalerin, die er erst nach 21h zum Skype-Interview trifft, weil sie dann ihre Kinder bereits im Bett weiss.
Es wird deutlich, welchen Einzug die Digitalisierung in unsere Alltagsgestaltung erhalten hat, wie sie neue flexible Arbeitsmodelle möglich macht, aber auch dafür sorgt, dass wir ständig Online sind.
Digitalisierung und Verantwortung
Auch meine Session zum Menschenbild in Unternehmen beim „OpenTransfer Camp #Digitalisierung“ am vergangenen Donnerstag trifft auf großes Interesse: Es wird deutlich, dass Digitalisierung und ein positives Menschenbild in digitalen Zeiten in gewissen Maße eigenverantwortliches Handeln voraussetzt. Dass sowohl für das Gelingen der digitalen Transformation, als auch für die gesunde und menschenfreundliche Nutzung digitaler Möglichkeiten die Verantwortung eines jeden Einzelnen gefragt ist.
Wir kommen in der gemeinsamen Diskussion am Donnerstag zu dem Ergebnis, dass es für einen menschlicheren Umgang miteinander und für eine „gesunde“ Digitalisierung eine neue innere Haltung braucht. Wir resümieren, dass nur mit einer offenen, inneren Haltung Veränderung geschehen kann und dass es eine achtsame, innere Haltung braucht, um Digitalisierung menschlich zu gestalten.
Doch wie intelligent sind wir wirklich im Umgang mit unserer ständigen Digitalität?
Ständig verfügbar. Ständig erreichbar. Ständig am Arbeiten.
Die TK erhebt jedes Jahr in ihrem Stressreport aktuelle Zahlen zu Stress, Depression und Arbeitsbelastung und erfasst individuell ergriffene Maßnahmen, mit Stress umzugehen und abzuschalten.
Die Zahlen im Report von 2016 zeigen, dass 28% der Befragten die ständige Erreichbarkeit als Stress empfinden und 17% der Internetnutzer das Gefühl haben, etwas zu verpassen, wenn sie mehrere Stunden oder Tage nicht im Netz sind. Dafür hat sich sogar ein Begriff geprägt: FOMO (Fear of missing out).
Und dabei nutzen 33% der 18-39-Jährigen digitale Medien, um vom Beruf zu entspannen.
Der TK Report kommt zu dem Schluss, dass Digitalisierung bewusster gestaltet werden sollte:
„Unterm Strich lässt sich festhalten: Stress ist ein fester Bestandteil der heutigen Leistungsgesellschaft. Und gerade jene, die viel leisten, fühlen sich besonders gestresst. Die digitale Transformation als die einschneidendste Veränderung der Gegenwart schafft neue Interaktionsformen zwischen Mensch und Maschine und eröffnet großartige Chancen, hat aber auch viele Abläufe und Gewohnheiten innerhalb weniger Jahre auf den Kopf gestellt. Vor allem die jungen Generationen, ganz besonders Kinder und Jugendliche, die nicht in dieser Studie, aber in früheren TK-Studien zur Medienkompetenz(16) oder zur Gesundheit von Hochschülern(12) auch ein großes Maß an digitaler Ablenkung aufzeigten, stehen vor einer großen Herausforderung. Sie müssen lernen, die unbegrenzten Möglichkeiten für sich zu filtern und zu begreifen, wie sie davon profitieren und nicht unter ihnen leiden. Den Stresspegel haben das Internet und soziale Netzwerke zweifellos erhöht. Auch deshalb, weil sie sowohl das Arbeits- als auch das Privatleben mittlerweile vollständig durchdrungen haben und die Grenzen zwischen beiden verwischen.“
Die innere Haltung – wie der Umgang mit ständiger Digitalität gesünder wird
Ich habe mich seit meiner Zeit als Angestellte immer wieder der Frage gewidmet, welche Faktoren das Stressempfinden beeinflussen und wie sich die innere Haltung und der Umgang mit digitalen Medien auf die Stressresistenz auswirken.
Folgendes kann ich zusammenfassen:
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Verbote bringen nichts.
Auch die TK Studie bestätigt meine Annahme, dass wir durch ein Nutzungsverbot digitaler Medien (wie bei Verboten sehr oft zu beobachten) nicht der Ursache für Stress im Kern begegnen. Ein Digital Detox kann sogar bei einer Person noch zusätzlichen Stress erzeugen, nämlich dann, wenn sie das Gefühl hat, etwas zu verpassen. Eine Auszeit von 2 Tagen, oder auch 3 Wochen kann zwar momentan das Nutzungsverhalten ändern, kehrt der Mensch jedoch in das gleiche hochdigitalisierte Setting mit gleicher innerer Haltung zurück, wird sich auch sein Nutzungsverhalten wieder annähernd einstellen.
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Ablenkung und körperlicher Ausgleich:
Zwar kann die TK in ihrer Studie nachweisen, dass sich körperliche Betätigung und Entspannung positiv auf die Stressbewältigung auswirken. Ein bewussterer Umgang mit digitalen Medien und eine konstruktive Haltung zu Stress wird jedoch durch Sport nicht erzeugt. Er dient lediglich als Ausgleich und wird auch nur von manchen Gestressten so eingesetzt. Gerade an der Tendenz der Jüngeren, sich über die Nutzung digitaler Inhalte von der Arbeit entspannen, sieht man, dass hier unbedingt auch eine Bewusstwerdung im Bezug auf das digitale Nutzungsverhalten erfolgen muss.
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Wer bedient hier wen? ODER: Sind wir wirklich digital?
Sehr spannend finde ich die Frage, OB wir wirklich digital sind.
Ich behaupte heute: Ich bin nicht digital. So zumindest empfinde ich mich selbst nicht. Damit meine ich meine Beziehung zu digitalen Medien. Als Online Marketingberaterin vielleicht eine gewagte Aussage, jedoch geht es um die persönliche Positionierung den digitalen Medien gegenüber.
Es geht darum, sie als Möglichkeiten, als Werkzeuge zu begreifen und mich von ihnen nicht kontrolliert zu fühlen.
Über eine innere Wahrnehmung und Achtsamkeit für mich selbst, über den Kontakt zu meinem Inneren und das Erkennen meiner Bedürfnisse kann ich mein digitales Nutzungsverhalten bewusst erfahren. So kann ich mein antrainiertes digitales Verhalten beobachten, überdenken und ändern.
Kontakt und Achtsamkeit
Für eine konstruktive Reflektion des eigenen digitalen Verhaltens braucht es einen Prozess der Bewusstwerdung.
Wir Menschen brauchen Kontakt und Verbundenheit. Zu uns selbst und zu anderen.
Dieser Kontakt zu mir selbst, zu meinen innersten Ressourcen und Bedürfnissen, innere Ausgeglichenheit und Selbstwahrnehmung, Kraft und Selbstvertrauen lassen sich trainieren. Die Meditationsforschung hat bereits mehrfach bewiesen, dass Meditation als wirkungsvolles Werkzeug zur Bewusstseinsschulung eingesetzt werden kann, um genau diese Fähigkeiten in uns zu schulen und zu stärken.
Und so habe auch ich es erfahren:
Von Freunden und Kollegen wurde ich vor Jahren, zum Beginn meiner Selbstständigkeit gefragt, ob ich nicht noch viel mehr arbeiten würde, jetzt wo ich selbstständig sei. „Selbst und ständig, so heißt es doch“. Sie sorgten sich um meine seelische Gesundheit, wissend, in welcher Arbeitsintensität ich schon als Führungskraft in der Anstellung eingebunden war.
Doch es kam anders:
Gleich zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich Andrea kennengelernt und Soulful Meditation als Routine in meinem Alltag integriert. Und obwohl ich mit Meditation davor nichts am Hut hatte, hat sich durch die Meditationspraxis in meinem Alltag mit der Zeit auch meine Haltung zu meinem digitalen Nutzungsverhalten verändert.
Ich fühle mich nicht mehr von der Maschine oder vom Tool kontrolliert, sondern erkenne und bin mir bewusst darüber, dass ich es kontrolliere, habe also durch das geschulte Bewusstsein eine größere Perspektive auf meine eigene Nutzung.
Auch die Meditationsforschung liefert Ergebnisse, die meine Erfahrungen bestätigen.
Dadurch arbeite ich achtsamer und meinen eigenen natürlichen Ressourcen entsprechend. Ich bin sehr selten überarbeitet oder gestresst, auch wenn ich sehr viel arbeite. Mein Stresslevel hat sich, bei ähnlicher Arbeitsintensität deutlich verringert, weil meine Haltung zur Arbeit und zur Nutzung digitaler Medien sich grundsätzlich verändert hat.
Ein weiterer Aspekt, der sich für mich persönlich verändert hat: Ich betrachte die Faktoren von Stress allgemein differenzierter. So hat sich für mich gezeigt, dass es oft nicht das Tool, z.B. das Handy oder die ständige Erreichbarkeit sind, die Stress verursachen. Oft ist es tatsächlich das Thema, die Aufgabe dahinter, oder die eigene Haltung dazu.
Digital Consciousness
Für eine gesündere Nutzung digitaler Medien reicht es nicht aus, unsere Beziehung zu den Medien zu betrachten. Es ist nötig diese Beziehung Digital Device – Human Being um den Purpose, um den Zweck der Nutzung zu erweitern. Purpose – Digital Device – Human Being
Diese Erweiterung hin zu einer größeren Betrachtung unter Einbeziehung des Purpose von digitalen Medien ist meiner Erfahrung nach eine Chance, um qualifiziertere Fragen zu stellen:
Was stresst mich tatsächlich? Warum ist dieser Anruf, diese Mail anstrengend? Warum ist es schwer für mich, Inhalte zu diesem Thema am Rechner vorzubereiten. Was gewinne ich, wenn ich jetzt auf Facebook scrolle? Warum ist es wichtig, dieses Tool zu nutzen? Wie hilft mir das Tool, meine Ziele zu erreichen und meine Vision zu verwirklichen?
So kann ein Conscious Digitalism oder eine Digital Consciousness entstehen, eine bewusste digitale Nutzung, bzw ein digitales Bewusstsein, das uns nicht krank macht, sondern ermächtigt und die unsere Digitalisierung bewusst und authentisch gestaltet. Es entsteht ein Nutzungsbewusstsein, das uns dabei hilft, Projekte zu verwirklichen, die uns wichtig sind, indem wir uns auf Tools einzulassen, die uns die Realisierung ermöglichen und unsere eigenen Bedürfnisse berücksichtigen.
Letztlich hat mein persönliches Erleben, meine äußerst stressbetonte Vergangenheit als Führungskraft und meine Ausbildung zur Meditationslehrerin mich dazu geführt, mit meiner Geschäftspartnerin ein Meditationsprogramm für Mitarbeiter zu entwickeln. Damit sagen wir Burnout und Depression u.a. aufgrund von digitalem Stress den Kampf an.
SOULFUL MEDITATION CORPORATE PROGRAM
Im Soulful Meditation Corporate Program verbinden wir unsere Erfahrung aus über 20 Jahren Meditationspraxis und -lehre mit Entspannungstechniken und Kenntnissen aus der Persönlichkeitsentwicklung und dem Führungskräftetraining.
Die Inhalte unserer Trainings haben wir unter Berücksichtigung von Mitarbeiterumfragen und Feedbacks großer Unternehmen konzipiert.
Unsere Online Meditationseinheiten sind so gestaltet, dass sie möglichst einfach in den Arbeitsalltag integrierbar sind und das Etablieren einer fördernden Meditationsroutine für ihre Mitarbeiter ermöglichen.
Weitere Informationen zu unserem Online Meditationtraining für Unternehmen.
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